Den wenigsten Besucher*innen des Naturparks Holsteinische Schweiz dürfte der Steinkauz hier schon mal begegnet sein, denn mit nur 3 bis 4 nachgewiesenen Brutpaaren ist er eines der seltensten Tiere der Region. Alle diese Brutpaare leben am Rande des Dorfes Garbek im Kreis Segeberg. Mit etwas Glück kann man dort beim Spaziergang in der frühen Dämmerung einen Steinkauz auf einem Weidezaunpfahl entdecken, der nach Beute Ausschau hält. Denn anders als z.B. sein größerer Verwandter, der Waldkauz, meidet der Steinkauz dichte Wälder. Stattdessen bevorzugt er offene Landschaften, bei uns häufig in der Nähe von Dörfern oder Einzelhöfen, mit kurzrasigen Viehweiden, Brachen und alten Einzelbäumen. Dies kommt den Lebensräumen in anderen Teilen seines großen Verbreitungsgebietes am nächsten, welches sich von West- über Mittel- und Osteuropa durch Zentralasien bis in den Nordosten von China erstreckt und auch Teile der Arabischen Halbinsel, Nord- und Ostafrikas umfasst. Dort werden häufig Landschaften bewohnt, die natürlicherweise niedrige Vegetation mit vertikalen Strukturen wie einzelnen Gehölzen, Steilwänden oder Felsen aufweisen, z.B. in Baumsteppen und Halbwüsten. Der Steinkauz profitierte daher von der Öffnung der Landschaft durch landwirtschaftliche Aktivitäten des Menschen in Mitteleuropa seit der Jungsteinzeit und siedelte in seiner Nähe.
Der Steinkauz
Naturpark-Tier 2023
Auf Englisch heißt er „little owl“
Erkennen kann man Steinkäuze an dem vergleichsweise großen, breiten und runden Kopf ohne Federohren, wie sie z.B. der Uhu hat, dem kurzen Schwanz und der geringen Größe, die nur etwa der einer Amsel entspricht. Das Gefieder der erwachsenen Tiere ist auf der Oberseite braun mit weißen Flecken und einer feinen, weißen Sprenkelung am Scheitel, die den Jungtieren noch fehlt. Die Unterseite ist hell, mit braunen Längsstreifen. Die geschwungenen weißen Streifen über den schwefelgelben Augen verleihen dem Steinkauz einen ernsten Gesichtsausdruck. Männchen und Weibchen sehen gleich aus. Vor allem in der Hauptbalzzeit von Februar bis April, aber auch im Herbst, kann man den typischen „Gesang“ der Steinkauzpaare hören, der wie ein fragendes „Guuuhk?“ klingt, wobei die Weibchen in der Tonlage etwas höher rufen.
Verein zum Erhalt der Steinkäuze
Der Verein „Passopp Wensin“ arbeitet ehrenamtlich und finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Der Verein freut sich daher über Unterstützung auf das Spendenkonto bei der Volksbank Eutin: IBAN DE19 2139 2218 0000 7753 20
Fragen zur Arbeit von „Passopp Wensin“? – Arne Blohm-Sievers gibt gerne Auskunft unter Tel: 04559 424 99 38.
Wer mehr über unsere acht heimischen Eulenarten und ihren Schutz erfahren möchte, findet zahlreiche Informationen auf der Homepage des Landesverbands Eulenschutz in SH e.V. unter: www.eulen.de
Gut zu Fuß
Die Übersichtlichkeit des Lebensraums ist für Steinkäuze wichtig, da sie ihre Beute häufig auf recht „eulen-untypische“ Weise zu Fuß jagen. Auf Kuhweiden kann man beobachten, wie sie aufmerksam die Umgebung vom Boden aus beobachten, hüpfend und laufend den Standort wechseln und plötzlich auf ein Beutetier zurennen. Neben größeren Insekten, wie Käfern und Heuschrecken, sind dies oft sogar Regenwürmer. Den größten Anteil der Nahrung stellen aber meist Feldmäuse, die sie häufig von einer niedrigen Sitzwarte aus anfliegen. Gelegentlich werden auch Amphibien und Reptilien sowie erwachsene und nestjunge Singvögel erbeutet. Der Steinkauz selbst muss sich vor einigen Vertretern der Verwandtschaft in Acht nehmen, denn besonders der Waldkauz, aber auch Uhus stellen ihm nach. Einige Greifvögel, wie Habicht und Sperber sowie Steinmarder, Baummarder und Hauskatzen gehören außerdem zu seinen Fressfeinden.
Lausche den Rufen des Steinkauzes
Schwierige Zeiten für kleine Käuze
Der Steinkauz kam noch etwa bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in den meisten Gebieten Schleswig-Holsteins vor, wenn auch in sehr unterschiedlicherDichte. Das Gebiet des heutigen Naturparks Holsteinische Schweiz und andere Teile des Östlichen Hügellandes hatten zwar schon damals einen hohen Anteil Ackerland, was den Ansprüchen des Steinkauzes an seinen Lebensraum nicht entgegenkam. Allerdings gehörten Weiden für die Arbeitspferde und andere Haustiere am Rande der Dörfer und Gehöfte zum Landschaftsbild, auf denen die Steinkäuze Nahrung fanden. Verstärkt seit den 1960er Jahren haben sich die Bedingungen für den Steinkauz dann vielerorts verschlechtert, so dass die Bestände zurückgingen und im Naturpark sowie in vielen anderen Gebieten keine Steinkäuze mehr vorkamen. Im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung wurden Grünlandflächen zu Acker umgewandelt und alte Elemente der Kulturlandschaft, wie Streuobstbäume und Kopfweiden, beseitigt. Der vermehrte Einsatz von Düngern und Pestiziden verringert zudem auch heute das Nahrungsangebot an Wirbellosen, was gerade in Jahren mit wenigen Mäusen Futterknappheit bedeutet. Auch in den Siedlungen vollzog sich ein Wandel, indem viele alte Häuser mit Nischen oder Scheunen mit offener Bauweise verschwanden – und mit ihnen die Brutplätze des Steinkauzes.
Ersatzwohnungen für Steinkäuze
Wo noch geeignete Lebensräume vorhanden sind und es an Brutplätzen mangelt, können spezielle Nistkästen helfen, Populationen zu halten und zu vergrößern. Sie können an oder in Gebäuden sowie an Bäumen angebracht werden. Der Landesverband Eulenschutz in SH e.V. hat ca. 2.000 solcher Nistkästen innerhalb der letzten Jahrzehnte gezielt dort installiert, wo Steinkäuze noch vorkamen, und kümmert sich um deren Wartung und Kontrolle. Durch Beratung und Arbeitseinsätze der ehrenamtlichen Mitglieder des Landesverbands vor Ort werden darüber hinaus viele Hofstellen und Flächen für den Steinkauz optimiert – mit großem Erfolg: Nach einem Tiefstand in den 1980er Jahren wurden in 2022 wieder 163 Brutpaare mit 422 Jungvögeln in Schles-wig-Holstein gezählt; die meisten davon auf der Hohen Geest in Dithmarschen. Man darf davon ausgehen, dass heutzutage fast alle Steinkauzpaarein Schleswig-Holstein in künstlichen Nisthilfen brüten. Dass es auch in Garbek und damit im Naturpark Holsteinische Schweiz wieder einige Brutpaare gibt, ist ebenfalls einem engagierten Verein zu verdanken: Seit 2009 betreibt der „Passopp Wensin e.V.“, Kooperationspartner des Landesverbands Eulenschutz, dort ein Wiederansiedlungsprojekt. Dazu wurden an geeigneten Orten bereits ca. 100 Nistkästen angebracht. Kernstück des Projektes ist die Nachzucht von Steinkäuzen in vier großen Volieren, die in potentiellen Revieren errichtet und von jeweils einem Brutpaar bewohnt werden. Die Jungtiere werden im ersten Herbst oder im Frühjahr des Folgejahres, meist in der Nähe der Volieren freigelassen. Ein Brutpaar bewohnt eine Voliere maximal drei Jahre, bevor es ebenfalls in die Freiheit entlassen wird. Aufgrund des Projektes siedelten sich seit 2014 drei bis vier Brutpaare um Garbek herum an. Um die Lebensbedingungen für die Garbeker Steinkäuze und weitere Arten zu verbessern, engagieren sich die Mitglieder des Vereins auch in der Pflege von Streuobstwiesen und Obstbaumalleen sowie eines Redders und einer Ausgleichsfläche. Langfristiges Ziel des Vereins ist eine stabile Population von 10 bis 15 Paaren über Garbek hinaus, in der Unteren Trave-Region.
Vom Wert der hohlen Bäume
Neben dem offenen Charakter der Landschaft sind alte Einzelbäume mit Höhlen ein weiterer wichtiger Faktor im Steinkauzrevier, da die Höhlen zum Brüten und Ruhen aufgesucht werden. Streuobstwiesen mit alten, großkronigen Obstbäumen sind daher häufig perfekte Steinkauzlebensräume, besonders wenn sie extensiv, also mit wenigen Rindern, Pferden oder Schafen pro ha, beweidet werden. Auch in älteren Kopfweiden, deren Äste alle paar Jahre geschnitten werden, entstehen wunderbare Steinkauzhöhlen. Sind Baumhöhlen nicht vorhanden, brüten sie auch gerne in Gebäuden mit geeigneten Nischen, wie Scheunen, Ställen und auf Dach- und Zwischenböden von Kirchen und Wohnhäusern. Da es in Schleswig-Holstein keine so ausgedehnten Bestände an Streuobstwiesen gab und gibt wie in Mittel- und Süddeutschland, waren Gebäude hier vermutlich für lange Zeit die wichtigsten Brutplätze.
Steinkauz nach erfolgreicher Jagd