© Naturfotografie Thomas Hinsche

Die Rotbauchunke

Naturpark-Tier 2022

Früher hieß sie auch Feuerbrotze oder Feuerkröte, heute eben: Rotbauchunke (Bombina bombina). Meist sind es die roten Bauchflecken, die den Namen beeinflussten – manchmal auch die Rufe, die wie entferntes Glockenläuten klingen können (Englisch: Fire-bellied toad, Dänisch: Kløkkefro = Glockenfrosch). Auf Fehmarn war sie früher sehr häufig und hieß deswegen Fehmarnsche Nachtigall, quasi als Ersatz für die dort fehlende Vogelart, die zwar ebenfalls nachts, aber doch etwas melodischer ruft. Mit einer Körpergröße von 3-5 cm ist die Rotbauchunke mit ihrem schlanken, flachen Körperbau eine der kleinsten heimischen Froschlurch-Arten. Von oben betrachtet ist sie eher unscheinbar, oft mit bräunlicher Grundfarbe und vielen grünlichen Flecken. Die Haut ist aufgrund zahlreicher dunkler, verhornter Wärzchen rau. Die Bauchseite ist umso auffälliger und hat rote oder orangefarbene, manchmal auch gelbe, unregelmäßig geformte Flecken auf dunkelgrauem bis schwarzem Grund. Diese dunklen Zwischenbereiche sind weiß getüpfelt.

Die sehr ähnliche Gelbbauchunke hat dagegen gelbe, stärker verschmolzene Bauchflecken, die mehr Fläche einnehmen als die dunklen Zwischenbereiche. Sie bevorzugt im Gegensatz zur Rotbauchunke („Tieflandunke“) höhere Lagen, weshalb sie auch Bergunke genannt wird. Die Lebensräume der zwei Unkenarten überschneiden sich daher nur selten. In Schleswig-Holstein kann man nur die Rotbauchunke antreffen. Beiden Arten sind die dreieckig-herzförmigen Pupillen gemein, die sie von unseren heimischen Fröschen und Kröten unterscheiden.

Der Naturpark im Unkenland

Die Rotbauchunke hat als Tieflandart in Europa eine ausgedehnte östlich-kontinentale Verbreitung und erreicht in Schleswig-Holstein ihre nordwestliche Verbreitungsgrenze. Hier kommt sie nur im klimatisch begünstigten östlichen Landesteil vor.
Die Unkenbestände sind auf fünf Bereiche im Östlichen Hügelland verteilt: Angeln, Dänischer Wohld, Fehmarn und Ratzeburger sowie Holsteinische Seenplatte. Letztere stellt einen Verbreitungsschwerpunkt dar, der auch den Nordteil des Naturparks Holsteinische Schweiz umfasst.  Neben zerstreuten Einzelvorkommen sind bei Ascheberg, Plön-Rathjensdorf, Bauersdorf, Schönwalde-Bungsberg und Eutin-Röbeler Holz größere Ansammlungen besiedelter Gewässer zu finden.

Infos und Exkursionen zur Rotbauchunke

Hier gehts zu: Exkursionen zum Unkenkonzert und weiteren Naturpark-Veranstaltungen

Die Amphibien-Initiative und die Froschkonzerte der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein:
www.stiftungsland.de

Rote Liste und Verbreitungsatlas der Amphibien und Reptilien Schleswig-Holsteins:
www.foeag.de

 

© Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein

Allen Unken-Rufen zum Trotz

Unkenrufe im übertragenen Sinn symbolisieren Bedenken von Zweiflern und Pessimisten – im echten Unkenleben haben sie natürlich eine andere Funktion. Wie alle heimischen Froschlurche haben auch Rotbauchunken artspezifische Rufe. Der Paarungsruf der Männchen ist eine monotone Serie von Einzelrufen, die sich mit „uuh… uuh…uuh…“ umschreiben lassen und einen eher tiefen, leicht melancholischen Klang haben. Die Unke pumpt zunächst ihre Lungen, die Kehlblasen und den Mundraum mit Luft voll bis sie wie ein aufgeblähtes Kissen auf dem Wasser liegt. Dann presst sie Luft aus Kehlblase und Mundraum in die Lungen und erzeugt dabei mit der einströmenden Luft Töne. Dies unterscheidet die Unken auch von vielen anderen Froschlurchen, bei denen die Rufe entgegengesetzt, durch Ausatmen der Luft von den Lungen in die Schallblasen entstehen. Die Rufe variieren je nach Wassertemperatur in Klangfarbe und Wiederholungszahl. Sie sind beim Einzeltier relativ leise. In großen Beständen mit zahlreichen Rufern können sich die Chöre aber zu einer beeindruckenden, sich über das Rufgewässer legenden Klangwolke addieren.

Lausche den Balzrufen der Rotbauchunke

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Pendler zwischen den Welten – das Unkenjahr

Wie für Amphibien üblich, nutzen auch Rotbauchunken im Laufe des Jahres mehrere Teillebensräume. Etwas später als andere Amphibienarten verlassen sie ihre Überwinterungsquartiere an Land, um zu ihren Fortpflanzungsgewässern zu wandern. Dort sind sie meist von April bis Oktober anzutreffen. Hauptlaichzeit ist im Mai/Juni, wenn die Wassertemperatur dauerhaft über 15° ansteigt. Dann rufen die Männchen besonders bei warmer windstiller Witterung sowohl tagsüber als auch nachts. Die Rufe sollen nicht nur Weibchen beeindrucken, sondern auch das Territorium gegenüber Mitbewerbern markieren. Männliche Eindringlinge werden ganz in Raufbold-Manier durch Anspringen und Unter-Wasser-Drücken vertrieben. Nähert sich ein Weibchen, wird es gezielt zur Paarung angeschwommen und mit den Vorderbeinen im Lendenbereich umklammert – also nicht in den Achseln, wie bei vielen anderen Froschlurchen üblich. Dabei helfen den Männchen ihre dunklen Brunftschwielen an den Innenseiten der Unterarme sowie den Fingern (Unterscheidungsmerkmal zu den Weibchen).

Nach einiger Zeit gibt das Weibchen dann ca. 300 Eier in mehreren Laichklumpen ab und heftet diese an einzelne Grashalme oder Blattstiele krautiger Pflanzen im Wasser. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die sich bei guten Bedingungen innerhalb von etwa sechs bis acht Wochen zu 1,5-2 cm langen Jungunken entwickeln. Diese verlassen das Gewässer, sind aber noch lange in den angrenzenden, schlammig-feuchten Uferzonen zu finden. Rotbauchunken benötigen ein dichtes Netz von überwiegend flachen Stillgewässern, denn sie suchen in verschiedenen Phasen der Laichzeit unterschiedliche Ruf- und Laichgewässer auf. Zunächst sind die Unken häufig in sich schnell erwärmenden Flachgewässern, wie z.B. Überflutungssenken anzutreffen, später dann eher in tieferen, dauerhaften Gewässern, die aber allesamt vollbesonnt, strukturreich, mit nicht zu hohem Nährstoffgehalt und möglichst fischfrei sein müssen.

Während der zweiten Sommerhälfte erlangen dann nährstoffreichere Nahrungsgewässer mit einem großen Angebot an Insekten und Deckung gebender Vegetation (Weidengebüsche, Röhrichte, Schwimmblattzonen) größere Bedeutung. In solchen Sommeraufenthaltsgewässern, die auch im Wald liegen können, rufen Unkenmännchen vereinzelt noch bis in den September. Ab Ende September wandern die Unken aus den Gewässern ab und suchen sich - meist im näheren Umfeld - in Wäldern oder Knickwällen unter Laub und Totholz, in Kleinsäugerbauten, in Lesesteinhaufen und ähnlichem frostfreie Überwinterungsplätze.

Der Unken-Reflex

Bei Gefahr zeigt die Rotbauchunke ein bemerkenswertes Verhalten, den sogenannten Unkenreflex. Sie drückt ihren Rücken ruckartig ins Hohlkreuz, sodass am hochgebogenen Vorder- und Hinterkörper die markante Unterseite zum Vorschein kommt. Schwarz-Rot-/Schwarz-Gelb-Kontraste dienen im Tierreich fast immer als Warnung an Fressfeinde, so auch bei der Rotbauchunke. Sie bildet giftige Hautsekrete, die sie für viele Tiere ungenießbar macht und beim Menschen Schleimhautreizungen auslösen können („Unkenschnupfen“). (Foto rechts: Bleib mir vom Leib! Im Unkenreflex, auch Kahnstellung genannt, wird den Feinden die orangerote Warnfarbe der Unterseite präsentiert)

 

 

 

© Delf Bettin

Hilfe für die Unke

Nach Europarecht (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) musste für die Rotbauchunke ein Netz besonderer Schutzgebiete ausgewiesen werden, (NATURA 2000) – wie z.B. bei Dannau/Hohensasel, im Bereich Preetz/Plön und bei Eutin - und ihre Bestände müssen regelmäßig kontrolliert werden. Der strenge Schutz gilt aber auch gemäß Bundesnaturschutzgesetz und ist mit dem Verbot des Fangens/Tötens, der Störung zur Fortpflanzungszeit sowie der Zerstörung ihrer Fortpflanzungsstätten verbunden.
Nach der aktuellen Roten Liste ist die Rotbauchunke in Schleswig-Holstein eine seltene Amphibienart und stark in ihrem Bestand gefährdet. Der gravierendste Gefährdungsfaktor dürfte die Intensivierung der Landwirtschaft sein. Waren früher vor allem Beseitigung von Kleingewässern und Grünlandumbruch für den starken Rückgang der Rotbauchunke verantwortlich, sind es heute die Verschlechterung der verbliebenen Lebensräume durch Nährstoffeintrag, Giftwirkungen von Agrochemikalien, aber auch die zunehmende Verinselung der Bestände durch Verkehrswege- und Siedlungsbau.

Mit ihrer Amphibien-Initiative schafft die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein viele neue Lebensräume für Frösche, Kröten und Unken: Hier im Naturpark hat sie für die Rotbauchunke z.B. bei Ascheberg, Plön, am Bungsberg und am Barkauer See zahlreiche Schutzmaßnahmen umgesetzt: Alte Gewässer wurden saniert, neue angelegt und die Beweidung dieser Bereiche organisiert, damit sie ihren Offenlandcharakter behalten. Zur Stützung der Bestände hat die Stiftung aus lokal vorhandenen Unkenbeständen Laich entnommen, daraus in einer Aufzuchtstation Jungtiere herangezogenen und in den optimierten Froschlandschaften wieder ausgesetzt. Auch der NABU ist für die Rotbauchunke aktiv geworden. Die Ortsgruppe Eutin hat 2009 im FFH-Gebiet „Röbeler Holz“ erfolgreich Maßnahmen umgesetzt (Gewässersanierung und -neuanlagen, Beweidungsmanagement). Ähnliches hat die Ortsgruppe Plön bereits in den 1980er Jahren bei Rathjensdorf unternommen. Schlendert man hier an einem lauen, windstillen Frühsommerabend den Wanderweg Eulenkrug entlang, kann man dem Unkenkonzert lauschen, das von den nahegelegenen NABU-Flächen erklingt.

 

Fundmeldung von Beobachtungen:

Der Arbeitskreis Herpetofauna der FÖAG hat in Kooperation mit dem Umweltministerium und der Oberen Naturschutzbehörde ein Zentrales Artenkataster aufgebaut, das laufend fortgeführt wird. Die FÖAG sammelt dafür z.B. auch Amphibien- und Reptilienbeobachtungen. Wichtig sind dabei vor allem Angaben zur Art, Anzahl beobachteter Exemplare, Fundort und -datum. Bei seltenen Arten sind auch Bilder wünschenswert. Meldungen bitte an:

Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V.
am Institut für Natur- und Ressourcenschutz der Uni Kiel

Olshausenstraße 75,
24118 Kiel
c/o Andreas Klinge
Tel.: 04340-499770
Email: andreas.klinge@gmx.de

 

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