Lebensraum Knick
Als „Knicks“ werden in Schleswig-Holstein die typischen Hecken auf Erdwällen bezeichnet, die sich auf mindestens 45.000 km durch das Bundesland ziehen. Auch im Naturpark Holsteinische Schweiz sind sie charakteristisch für die Landschaft und tragen zur kulturellen Identität des Naturparks bei. Verbreitet begleiten sie uns entlang der Wander- und Radwege. Je nach Jahreszeit kann man sich dabei an den duftenden Blüten oder bunten Früchten ihrer Gehölze erfreuen.
Wusstest du schon,…
...dass es in Norddeutschland über 100 Brombeerarten gibt und viele nur auf Knicks vorkommen? Um die Arten auseinander halten zu können, muss man Spezialist sein. Um die herrlichen Früchte als leckere Marmelade oder Gelee zu genießen muss man jedoch kein Profi sein..
Heute kaum vorstellbar, wurde mit der Anlage von Knicks im Zuge umfangreicher Agrarreformen gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit der Absicht begonnen, die Produktivität der Landwirtschaft zu steigern! Waren landwirtschaftliche Flächen vorher unregelmäßig in der Landschaft verteilt und in gemeinschaftlicher Nutzung, wurden große Ländereien nun vermessen, aufgeteilt und als Privateigentum vielen Bauern zugewiesen. Eine Auflage war, das Land mit Knicks zu umgeben. Mit ihnen sollten vor allem die Weidetiere eingezäunt werden. So konnte man einerseits die Tiere von Ackerflächen fernhalten und andererseits die Weiden und beweideten Ackerbrachen intensiver nutzen. Dazu pflanzte man auf zuvor aufgeworfenen Erdwällen ausschlagfreudige oft stachelige Gehölze, die man anritzte und knickte. So kam es zu dem Namen „Knick“. Die geknickten Äste wurden zu Boden gedrückt oder mit anderen verflochten. Es entstanden sehr dichte, lebende Zäune, aus denen man auch gutes Brennholz gewinnen konnte. In unregelmäßigen Abständen wurden zudem einzelne Bäume, häufig Stiel-Eichen, stehen gelassen. Diese entwickelten sich zu großen Bäumen, den sogenannten „Überhältern“. Sie lieferten auch stärkeres Bauholz.
© Sven Koschinski© Finn Fuhrmann© Anouk Fuhrmann© J. Schulz© Anouk Fuhrmann© Sonja Fuhrmann© Sonja FuhrmannWusstest du, dass die Haselmaus eigentlich keine Maus, sondern wie der bekanntere Siebenschläfer ein Bilch ist? Letzterer kommt jedoch nicht in Schleswig-Holstein vor. Da Haselmäuse nachaktiv sind, ist es Naturfreunden leider nur selten vergönnt eine zu sehen.
Um die Undurchdringlichkeit der Knicks zu erhalten, war und ist „Das-auf-den-Stock-setzen“ notwendig. Dabei werden die ausschlagfreudigen Gehölze ca. alle 12 Jahre recht kurz über dem Boden abgesägt. Wenn man dies nicht machen würde, kahlen sie unten aus und wachsen zu Baumreihen durch.
Die Bauern schufen mit ihren Knicks Dank ihrer Strukturvielfalt und mikroklimatischen Unterschiedlichkeit ganz nebenbei ein äußerst artenreiches Biotop. -Ein Knick wirkt wie zwei parallel verlaufende Waldränder, die sich linienhaft durch die offene Landschaft ziehen. Er bietet sowohl Lebensraum für Arten des Waldes, des Offenlandes und auch der Grenzbereiche dazwischen. Auf der feuchteren und kühleren Nordseite eines Knicks, der in Ost-West-Richtung verläuft, findet man in der Regel andere Arten als auf der trocken-warmen Südseite. So kann die Nordseite mit Moosen und Farnen bewachsen sein, während man auf der Südseite lichtbedürftige Pflanzen, wie Beifuß, Tüpfel-Johanneskraut und Rundblättrige Glockenblume findet. Im Frühjahr sind auch Frühblüher, wie Buschwindröschen und Große Sternmiere in vielen Knicks zu finden.
Typische strauchartige Gehölze in den Knicks des Naturparks sind z. B. Hasel, Hainbuche, Schlehdorn und verschiedenste Brombeerarten. Daneben findet man unter anderem eingestreut: Weißdorn, Schwarzer Holunder, Vogelkirsche mehrere Rosenarten, Pfaffenhütchen, Feld-Ahorn, Gewöhnliche Traubenkirsche, Eberesche und Esche. Ist die Zusammensetzung der Knickgehölze besonders reichhaltig spricht man auch gerne von „Bunten Knicks“.
Verlaufen zwei Knicks nebeneinander und liegt dazwischen ein Weg, werden diese Doppelknicks als „Redder“ bezeichnet. Diese sind ökologisch noch wertvoller als ein einzelner Knick. In einem Redder kommen häufig noch zusätzliche Tier- und Pflanzenarten vor, die eher den Wäldern entstammen. Außerdem erhöht sich die Anzahl der Tiere noch einmal um ein Vielfaches. -Insbesondere die der Vögel, denn dort finden sie Aussichtswarten, Nistmöglichkeiten, Schutz und Nahrung zugleich. Manche Vogelarten wie Fitis und Gelbspötter sind sogar auf diese Doppelknicks angewiesen.
Auch wenn es im Naturpark Holsteinische Schweiz ein umfangreiches Knicknetz gibt, war dieses in einigen Gebieten des Naturparks nie sehr dicht. Dies liegt daran, dass der Naturpark auch von seiner Gutswirtschaft geprägt wurde. Ländereien, die zu alten Gütern gehörten und teilweise heute noch gehören, wurden nicht wie andere Flächen aufgeteilt. Zudem sind vor allem vor der Gründung des Naturparks in den 1950er und 1960er Jahren viele Knicks zerstört worden. In dieser Zeit gaben immer mehr landwirtschaftliche Betriebe auf, aber die bewirtschaftete Fläche pro Betrieb stieg. Gleichzeitig setzte großflächig die Technisierung der Landwirtschaft ein. Mit immer größer werdenden Landmaschinen wurde deren Einsatz in einer kleinparzellierten Knicklandschaft schwieriger. Heute sind Knicks gesetzlich geschützte Lebensräume und ein wichtiges Element der historischen Kulturlandschaft.
Zahlreiche Tiere nutzen die Knicks als Lebensraum und auch als Wanderkorridore durch die Landschaft. Es wurden schon etwa 7.000 Tierarten in Knicks nachgewiesen, von denen der größte Teil den Insekten zuzurechnen ist. Zum Beispiel tummeln sich hier Heuschrecken, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer. Die kleinen „Sechs-Beiner“ dienen wiederum vielen anderen Tieren als Nahrung z.B. den zahlreichen Vogelarten, die in Knicks brüten und ihre Küken mit Insekten füttern. Dazu zählen z. B. die Goldammer, die Dorn- Klapper- und Mönchsgrasmücke, die Amsel, das Rotkehlchen, Zilpzalp und die Heckenbraunelle. Auf der Suche nach Wirbellosen sind hier zudem Igel, Zwerg- und Waldspitzmaus unterwegs. In bunten Knicks des Naturparks klettert auch geschickt die Haselmaus durch das Geäst. Die alten Überhälter (Bäume) im Knick sind dabei ebenfalls von großer ökologischer Bedeutung. An großen Eichen hat man über 400 Tierarten gefunden.
Die Anlage von Knicks kann förderfähig sein. Wer mehr wissen möchte, kann sich gerne an die Geschäftsstelle des Naturparkvereins bzw. an Malte Wenzel wenden (Kontakt aufnehmen).
Knicks tragen nicht nur zur Artenvielfalt bei. Sie haben auch viele andere positive Wirkungen. Sie können sich in unterschiedlicher Weise verbessernd auf die Kulturpflanzen auswirken: Sie können Ausgangspunkt für die Ausbreitung von Nützlingen in die Ackerflächen sein, die Schädlinge wie Getreideblattläuse vertilgen. Quer zur Hauptwindrichtung verlaufende Knicks bieten zudem den Kulturpflanzen Windschutz und damit eine verlangsamte Austrocknung des Bodens, was grade in trockenen Frühjahren von Vorteil sein kann. Weiterhin wird bei brachliegenden Äckern die Winderosion der Ackerkrume deutlich vermindert. Darüber hinaus liefern Sie den wertvollen Brennstoff Holz, dessen Preise stetig ansteigen.
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